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In einem früheren Beitrag habe ich die Zusammenarbeit mit Personalberatern aus der Sicht von SAP Kandidaten erläutert. Heute werde ich auf einen Aspekt dieser Zusammenarbeit eingehen, der hinsichtlich des Abstimmungsbedarfs eine der wichtigsten Positionen bedeutet: Das Wunschgehalt.

Viele Kandidaten sind sich beim ersten Kontakt entweder noch nicht sicher, welches Wunschgehalt realistisch ist oder haben ein Wunschgehalt definiert, welches am Markt vorbeigeht. Gerade in diesen Fällen wird es für mich oft knifflig: Da ich den ganzen Tag nichts Anderes mache, als mit Kandidaten und Managern aus der Branche zu sprechen, kenne ich die gängigen Gehaltslevel für SAP Jobs und kann den Kandidaten meistens ziemlich genaue Optionen aufzeigen. Gleichzeitig sind mit diesem Thema Wünsche und Selbstwahrnehmungen verbunden, die viel Fingerspitzengefühl erfordern. Schließlich hört niemand gerne, dass die eigenen Vorstellungen utopisch sind. Oder, dass die Kenntnisse, welche in mühevoller Arbeit erworben wurden, am Markt keine so hohe monetäre Wertschätzung erfahren wie erwartet.

Aus diesem Grund macht es sicherlich Sinn, einmal die wichtigsten Punkte zusammenzufassen. Eines vorweg: Ich arbeite auf Provisionsbasis, wobei die Provision von der Höhe des Jahresgehalts der vermittelten Kandidaten abhängt. Daher habe ich allen Anlass, für meine Kandidaten das optimale mögliche Gehalt zu erzielen. Gleichzeitig kenne ich sowohl die üblichen Gehälter auf dem Markt als auch den Rahmen des Kunden für einen bestimmten SAP Job. Aus diesem Grund geht es in der Vielzahl der Fälle in eine gemeinsame Abwägung mit den Bewerbern, bei der die grundsätzliche Betrachtung ist, welches Gehalt noch Sinn ergibt, um gleichzeitig beste Chancen auf eine Position zu haben.

Am Anfang dieser Fragestellung stehen immer zwei Faktoren, die die weitere Betrachtung maßgeblich beeinflussen: Welche Wechselmotivation hat der jeweilige SAP Kandidat? Und wie dringend ist der Wechselwunsch?

Um ein Beispiel zu geben: Wenn ich aufgrund meines – aus meiner Betrachtung zu niedrigen Gehalts – an einer neuen Stelle interessiert bin und der Wechseldruck nicht hoch ist, werde ich im Regelfall das Gehalt als maßgeblichen Faktor setzen und hier keine besondere Verhandlungsbereitschaft aufzeigen. Wobei ich in dieser Situation den Bewerbern als allererstes dazu rate, mit ihren aktuellen Arbeitgebern zu sprechen. Denn wenn das Gehalt das einzige Manko ist und sie ansonsten zufrieden sind, ist das der Weg des geringsten Aufwands. Darüber hinaus gibt es ihnen bei einer erfolgreichen Bewerbung die Möglichkeit, ein Gegenangebot des aktuellen Arbeitgebers hinsichtlich dessen Wertschätzung richtig einzuordnen.

Als Gegenbeispiel kann ich Ihnen den Fall eines Kandidaten nennen, den ich vermittelt habe: Er war zu diesem Zeitpunkt bereits seit 12 Jahren als SAP Berater bei einem Beratungshaus tätig. Bezüglich des Gehalts lag er mit einem Zielgehalt von 120.000,-€ gut und war damit völlig zufrieden. Allerdings hatte er zwei Töchter, die er nicht nur am Wochenende sehen wollte – das klassische Dilemma des unter der Woche „aus dem Koffer lebenden“ SAP Consultants. Erschwerend kam hinzu, dass es in seiner Region kaum Unternehmen gab, die SAP Jobs für seine Spezialisierung anboten. Daher war er gewillt, auf ein Gehalt von 90.000,-€ herunter zu gehen. Allerdings im Austausch für eine bessere Work-Life-Balance und die Möglichkeit, seine Kinder mit der Straßenbahn zur Schule zu bringen und nur 2 Stationen weiter zur Arbeit fahren zu müssen.

Sie sehen: Es gibt keine universelle Antwort auf die Frage nach höherem oder niedrigeren Gehalt.

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Bild von PublicDomainPictures auf Pixabay

Was sind dann Faktoren, die wir bei einer solchen Frage berücksichtigen sollten? Im Wesentlichen gibt es erfahrungsgemäß 3 Punkte, die für die Entscheidung wichtig sind:

  • Arbeitsbedingungen / Umfeld: Wenn sich die subjektiv relevanten Arbeitsbedingungen (z.B. Arbeitszeit, Entfernung Wohnort – Arbeitsort, Reiseanteil) bei einer neuen Position verbessern, kann es durchaus Sinn machen, nicht die Gehaltsoptimierung in den Vordergrund zu stellen. Ein klassisches Beispiel ist der Wechsel von einer Unternehmensberatung zu einer Inhouse Position. Anders herum allerdings würde ich tendenziell definitiv eine Gehaltssteigerung empfehlen, wenn ein Wechsel von Inhouse zur Consultancy in Betracht kommt. Ein weiterer Punkt, der häufig als Wechselmotivation genannt wird, ist das Arbeitsumfeld. Wenn Sie sich mit der Unternehmenskultur, Ihrem Vorgesetzten oder Ihren Kollegen nicht wohl fühlen, stellt Geld im Regelfall einen Hygienefaktor dar. Mehr Gehalt kann daher den Grund für Ihre Unzufriedenheit nur kurzfristig übertünchen, Sie werden weiterhin jeden Morgen mit einem schlechten Bauchgefühl aufstehen und zur Arbeit gehen.
  • Fachliche Weiterentwicklung: Sind Sie frustriert, weil bei Ihrem aktuellen Arbeitgeber die Projekte größtenteils abgeschlossen sind? Fühlen Sie sich von Ihren Aufgaben unter- oder überfordert? Dann kann ein Wechsel zu einem anderen Unternehmen auch ohne Gehaltssteigerung eine Verbesserung darstellen, wenn Sie dort die Möglichkeit haben, sich in neuen Themen oder Technologien einzubringen, die Sie interessieren. Denn die gehaltliche Weiterentwicklung kommt dann meistens von selbst.
  • Karrieretechnische Weiterentwicklung: Wenn für Sie die nächste Stufe auf der Karriereleiter im Fokus steht, empfehle ich grundsätzlich, das Gehalt (in gewissem Maße) als nachgelagert zu betrachten. Selbstverständlich sollte die Verantwortung, die Sie in einer Führungsrolle übernehmen, sich im Gehalt widerspiegeln. Es kann allerdings dabei von Vorteil sein, zunächst den Fuß in die Tür zu bekommen und wertvolle Erfahrung zu sammeln. So erwerben Sie neue Kenntnisse, die Ihren Marktwert – falls sich wider Erwarten die Entlohnung nicht wie gewünscht entwickeln sollte – sehr positiv beeinflussen werden. Daher macht es Sinn, zunächst die Erfahrung aufzubauen, um mittelfristig das Gehalt zu steigern.

Bei sämtlichen der oben genannten Faktoren sollten Sie berücksichtigen, wie dringend Ihnen Ihre Wechselmotivation ist. Je nach Grad Ihrer Unzufriedenheit kann es Sinn machen, sogar einen Schritt zurück zu machen, um Ihre Zufriedenheit (und oft auch Gesundheit) zu erhalten.

Das wirkt jetzt erst einmal nach einer Menge Dinge, die zu berücksichtigen sind. Mein Tipp: Wenn Sie sich nicht sicher sind, setzen Sie sich gerne unverbindlich mit mir in Verbindung. Wir können in einem Gespräch Ihre Wechselmotivation und Anforderungen an eine neue Position besprechen und darauf basierend eine realistische Zielgröße erarbeiten.

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